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Datengrundlage

Deutsche Suchthilfestatistik (DSHS)

Insbesondere für die Kapitel Soziodemografische und störungsbezogene Merkmale und Ausgewählte Folgen und Problemlagen in zeitlicher Perspektive wurde als Datengrundlage die Deutsche Suchthilfestatistik (DSHS) herangezogen. Diese Daten werden jährlich bundesweit von ambulanten und stationären Einrichtungen der Suchthilfe erhoben und in aggregierter und damit anonymisierter Form für die bundesweite Auswertung zur Verfügung gestellt. Die Dokumentation und Datenerhebung erfolgt mit dem Deutschen Kerndatensatz zur Dokumentation im Bereich der Suchthilfe (Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V., DHS, 2010), welcher sowohl Daten zur jeweiligen Einrichtung (zum Beispiel Art der Angebote der Einrichtung, Mitarbeiterstruktur) als auch zu den Klienten/Patienten erfasst, wie zum Beispiel soziodemografische Merkmale, Diagnosen nach ICD-10 (WHO, 2013) sowie Informationen zu Betreuungs-/Behandlungsverlauf und -ergebnissen (zur Erhebungsmethodik der DSHS siehe Bauer et al., 2009). Die Daten der DSHS liegen ausschließlich in aggregierter Form vor und sind in sogenannten Tabellenbänden zusammengefasst.225 Für die vorliegenden Analysen wurde – analog zum Standard in Deutschland – die Bezugsgruppe Zugänge/Beender des jeweiligen Datenjahres im sogenannten 33-Prozent-Lauf verwendet. Das heißt, es wurden nur solche Daten verwendet, für die innerhalb einer Einrichtung weniger als 33 Prozent der Angaben fehlten. Die Bezugsgruppe Zugänge/Beender bedeutet, dass Daten, die auf den Betreuungsbeginn Bezug nehmen (sozio-demografische Daten, Konsum- und Diagnosedaten, Vorbehandlungsdaten und Zugang zur Betreuung) von denjenigen Fällen eingehen, die im entsprechenden Jahr eine Betreuung begannen. Bei Indikatoren, die sich auf das Betreuungsende beziehen (Weitervermittlung, Inanspruchnahme und Betreuungsergebnisse), werden Daten von den Fällen verwendet, die in dem entsprechenden Jahr eine Betreuung beendeten.

Für die Sozialberichterstattung Sachsens wurden aus den Daten der an der DSHS teilnehmenden ambulanten Suchtberatungs- und -behandlungsstellen in Sachsen für die Jahre 2008, 2012 und 2015 gesonderte Tabellenbände erstellt. Auch wurden Tabellenbände auf Ebene der Landkreise und Kreisfreien Städte erstellt. Daraus resultierten folgende Teilnehmerzahlen an der sächsischen Suchthilfestatistik auf Einrichtungsebene: Im Jahr 2008 beteiligten sich 48, im Jahr 2012 40 und im Jahr 2015 44 Einrichtungen. Neben der Anzahl der Daten liefernden Einrichtungen hat sich über die Jahre auch deren Zusammensetzung verändert. Während in früheren Jahren Haupt- und Außenstellen häufig in getrennten Datensätzen berichteten, fanden in den letzten Jahren vermehrt Zusammenlegungen der Dokumentation statt, sodass eine teilnehmende Einrichtung in der Darstellung mitunter mehreren Teileinrichtungen entsprechen kann. Angesichts einer überdurchschnittlichen Beteiligungsquote in Sachsen (2012: 89,9%; Bund: 72,3%; 2015: 92,7%; Bund: 73,6%; berechnet auf Basis des Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD)-Einrichtungsregisters, siehe Süss und Pfeiffer-Gerschel, 2011) lag aber eine solide Datenbasis vor. Daher können Aussagen zur Klientel als gesichert (valide) eingestuft werden. Nach Informationen des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz lagen sogar Beteiligungsquoten von 93 Prozent (2008), 85 Prozent (2012) und 96 Prozent (2015) für meldepflichtige, das heißt kommunal geförderte, Einrichtungen vor.226

Wie bereits eingeführt (Kapitel Gesundheit), wurde bei der Altersstandardisierung die zu untersuchende Bevölkerung anhand der Bevölkerungsstruktur einer Referenzbevölkerung gewichtet. Dies wurde für die Daten der ambulanten Suchthilfe in Sachsen mit den Zugängen mit Hauptdiagnosen vorgenommen (für diese Gruppe lagen Informationen zum Alter vor). Als Referenzbevölkerung wurde analog zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes und der Länder die Altersbevölkerung gewählt.

Gesundheitsberichterstattung (GBE) des Bundes, Krankenhausstatistiken

Hinsichtlich der Fallzahlenentwicklung im stationären Versorgungssegment, dem Abschnitt zu alkoholbedingter Mortalität und Morbidität sowie dem Thema »Werdende Mütter und Drogenkonsum« wurden die über die Gesundheitsberichterstattung des Bundes sowie das Statistische Landesamt des Freistaates Sachsen bereitgestellte Krankenhausdiagnosestatistik, die Statistik der Grunddaten der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen sowie die DRG-Statistik (fallpauschalenbezogene Krankenhausstatistik) verwendet.

Weitere Datenquellen

In die Darstellung der Fallzahlentwicklungen bei spezifischen Hilfeangeboten gingen Erhebungen der Sächsischen Landesstelle gegen die Suchtgefahren e.V. (externe Suchtberatung in Justizvollzugsanstalten), Informationen des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (Meldungen der substituierenden Ärzte nach § 5a BtMVV), die Einrichtungsstatistik des Kommunalen Sozialverbandes Sachsen (Sozialtherapeutische Angebote) sowie Daten des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz (Präventionsfachstellen) ein.

Die Daten zu Straftaten in Zusammenhang mit psychotropen Substanzen wurden der polizeilichen Kriminalstatistik des Freistaates Sachsen, herausgegeben durch das Landeskriminalamt Sachsen, sowie der Falldatei Rauschgift (FDR) des Bundeskriminalamts entnommen.

Kritische Diskussion der Datengrundlage

Generell ist bei den Darstellungen zur Fallzahlentwicklung darauf hinzuweisen, dass die zugrundeliegenden Datenquellen fallbezogen und nicht personenbezogen sind. Das heißt, dass Personen bei mehreren Behandlungsanlässen mehrfach als Fall in die Statistiken eingehen. Zur besseren Lesbarkeit werden dennoch auch die Begriffe Klientel oder Klientinnen und Klienten beziehungsweise Personen verwendet.

Zudem sind Daten aus den Versorgungssystemen keine epidemiologischen Daten in dem Sinn, dass sie Auskünfte über die Anzahl tatsächlich betroffener Personen geben können. Sie erfassen diejenigen Betroffenen, die Hilfe suchen und können Aufschluss über Merkmale und Veränderungen dieser Personengruppe über die Zeit geben.

Als erste Anlaufstelle und spezifisches Versorgungssystem für Personen mit suchtbezogenen Erkrankungen nimmt die ambulante Suchthilfe eine herausragende Position beim frühzeitigen Erkennen von Veränderungen in der Klientel beziehungsweise einer veränderten Form der Inanspruchnahme von Hilfe ein. Die dokumentierten Daten aus der ambulanten Suchthilfestatistik stellen weder eine Vollerhebung der Suchthilfeeinrichtungen noch der betreuten Klientel dar. Insofern sind die Daten zu den Fallzahlen nicht absolut und mit Vorsicht zu interpretieren. Im Gegensatz zu anderen Versorgungssegmenten lagen für die gesamte Bandbreite an Substanzklassen Informationen zu Klienten vor, während sich in anderen Datenquellen die Fälle teilweise stark auf bestimmte Substanzen wie zum Beispiel Alkohol konzentrierten. Zudem lagen Informationen, die über die Merkmale Alter und Geschlecht hinausgehen, nur in der Suchthilfestatistik vor. Für die ambulante Suchthilfe war eine Regionalisierung möglich. Daher wurden die wesentlichen Parameter auch auf Ebene der Landkreise und Kreisfreien Städte berichtet.

Ergänzend dazu wurden weitere Datenquellen herangezogen, die in verschiedenen Versorgungssettings, das heißt auf verschiedenen Stufen der Behandlungsintensität, das Bild der Entwicklung der Problemlagen der Klientel komplettieren. Im stationären Bereich wurden Daten aus Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen dargestellt. Im Bereich der Akutbehandlung lieferte das Fallaufkommen wichtige Informationen hinsichtlich absoluter Fallsteigerungen, nicht nur in Hinblick auf Fälle mit Beratungs- und Behandlungswunsch, sondern auch bezüglich der Fälle in Akutsituationen (Intoxikationen, Entgiftungen oder ähnliches). Die Leistungen aus dem Rehabilitationsbereich wiederum bilden den Endpunkt eines sehr hochschwelligen Behandlungsangebotes und geben somit Aufschluss über die Fallentwicklung bei relativ schwerwiegenden Problemlagen. Ergänzt wurden diese Zahlen durch spezifische Hilfeangebote, die über ambulante Suchthilfe und stationäre Versorgungssegmente hinausgehen und spezielle Zielgruppen ansprechen. Im Kapitel Gesundheit wurde bereits auf Krankenhausfälle wegen psychischer und Verhaltensstörungen (F00-F99) und dabei auch auf Fälle mit alkoholbezogenen Störungen eingegangen. Im vorliegenden Kapitel soll vertiefend die Entwicklung suchtbezogener Diagnosen (F10-F19) unter Einbeziehung verschiedener Substanzklassen (Alkohol, illegale Substanzen gesamt, Stimulanzien) untersucht werden.

Die Daten zu den ausgewählten Folgen und Problemlagen bieten eine Erweiterung des Blickes aus der Versorgungsperspektive, in der sich nur die hilfesuchenden Personen wiederfinden. Die Kriminalstatistik eröffnet über die erfassten Straftaten in Zusammenhang mit psychotropen Substanzen einen Blick aus Sicht der Strafverfolgung auf den Konsum illegaler Substanzen. Festzuhalten bleibt jedoch, dass auch Zahlen zu Straftaten kein Ersatz für epidemiologische Daten zur Abschätzung des Umfanges substanzbezogener Störungen in der Allgemeinbevölkerung sind.

Zusammenfassend werden in der ambulanten Suchthilfe sehr detaillierte Informationen erhoben, die über die Daten der Krankenhausstatistiken (Alter, Geschlecht, Hauptdiagnose nach ICD-10, Behandlungsort, Patientenwohnort) hinausgehen. Grundsätzlich besteht keine gesetzliche Dokumentationspflicht, wie es bei Behandlungen nach Sozialgesetzbuch und somit auch für die Krankenhausdiagnosestatistiken der Fall ist. Insofern stellen die erhobenen Daten keine Vollerhebungen dar. Die sächsischen Suchtberatungs- und Suchtbehandlungsstellen sind aber nach § 8a PsychKG verpflichtet, an der Berichterstattung im Rahmen der Deutschen Suchthilfestatistik teilzunehmen. Auch die Erhebungen der Sächsischen Landesstelle gegen die Suchtgefahren unterliegen diesen Einschränkungen, da sie ebenfalls bei den Suchtberatungsstellen gewonnen werden. Bei den anderen Datenquellen ist von einer Datenbasis auszugehen, die einer Vollerhebung gleicht.

 

Fußnoten

225 https://www.suchthilfestatistik.de/daten/downloadbereich-daten/ (Abruf am 20.04.2018).

226 Diese Berechnung zählte jede Außen- oder Teilstelle als eigene Einrichtung. Daraus resultiert eine höhere Anzahl an meldepflichtigen Einrichtungen als die genannten Zahlen der an der DSHS teilnehmenden Einrichtungen (hier können Haupt- und Außenstellen auch als eine Einrichtung zusammen Daten liefern). Folgende Meldezahlen lagen zugrunde: 2008: 66 von 71 Stellen; 2012: 61 von 72 Stellen; 2015: 69 von 72 Stellen.

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